Vorsorgevollmacht. Viele Vollmachten dürften nach BGH-Entscheidung unwirksam sein.

Der Bundesgerichtshof befasste sich im Juli 2016 mit den Anforderungen an eine Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung, die diese im Zusammenhang mit dem Abbruch von lebenserhaltenden Maßnahmen erfüllen müssen (Az. XII ZR 61/16).

Zum Streit kam es, weil die Patientin, die sich selbst nicht mehr äußern konnte, 4 Bevollmächtigte hatte (Ärztin und ihre Kinder). Die Bevollmächtigte und die die Betroffene behandelnde Hausärztin waren übereinstimmend der Auffassung, dass der Abbruch der künstlichen Ernährung gegenwärtig nicht dem Willen der Betroffenen entspricht. Demgegenüber vertreten die beiden anderen Töchter der Betroffenen die gegenteilige Meinung und haben deshalb beim Betreuungsgericht angeregt, einen sog. Kontrollbetreuer nach § 1896 Abs. 3 BGB zu bestellen, der die ihrer Schwester erteilten Vollmachten widerruft. Der Streit ging bis zum BGH, der nun entschied:

Eine schriftliche Patientenverfügung im Sinne des § 1901 a Abs. 1 BGB entfaltet unmittelbare Bindungswirkung nur dann, wenn ihr konkrete Entscheidungen des Betroffenen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte, noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen entnommen werden können. Von vornherein nicht ausreichend sind allgemeine Anweisungen, wie die Aufforderung, ein würdevolles Sterben zu ermöglichen oder zuzulassen, wenn ein Therapieerfolg nicht mehr zu erwarten ist. Die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Patientenverfügung dürfen aber auch nicht überspannt werden. Vorausgesetzt werden kann nur, dass der Betroffene umschreibend festlegt, was er in einer bestimmten Lebens- und Behandlungssituation will und was nicht. Die Äußerung, "keine lebenserhaltenden Maßnahmen" zu wünschen, enthält jedenfalls für sich genommen keine hinreichend konkrete Behandlungsentscheidung. Die insoweit erforderliche Konkretisierung kann aber gegebenenfalls durch die Benennung bestimmter ärztlicher Maßnahmen oder die Bezugnahme auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen erfolgen.

Was folgt hieraus?

Fehlt es also an einer der Voraussetzungen des § 1901 Abs.1 BGB, hat die Patientenverfügung keine unmittelbare Bindungswirkung. Es bedarf dann einer Entscheidung des Betreuers über die Einwilligung in die anstehende ärztliche Maßnahme, die unter Berücksichtigung der Behandlungswünsche und des mutmaßlichen Willens des Betroffenen zu treffen ist. Geht es um die Einwilligung in den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen, ist dann – vorbehaltlich des Eingreifens von § 1904 IV BGB – auch die Einholung einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung nach § 1904 II BGB erforderlich ( so der BGH NJW 2014, 3572).

zurück