Der BGH entschied für das Werkvertragsrecht (deswegen auch der VII. Senat statt des VI.), dass der Besteller, der das Werk vom Bauunternehmer behält und den Mangel nicht beseitigen lässt, im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs statt der Leistung (kleiner Schadensersatz) gegen den Unternehmer gem. §§ 634 Nr.4, 280, 281 BGB seinen Schaden nicht mehr nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten bemessen kann (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung, BGH, Urteil vom 22.2.2018 – VII ZR 46/17; LG Darmstadt, Urteil vom 5.9.2018 – 23 O 386/17, hier wurde Berufung zum OLG Frankfurt eingelegt und das OLG Frankfurt hob das LG Darmstadt auf). Die gleiche Auffassung, wie das OLG Frankfurt vertrat wohl das OLG Oldenburg in seinem unveröffentlichten Hinweisbeschluss zum Az. 1 U 98/19.
Das, also Werkvertragsrecht, gilt aber nicht im "Deliktsrecht", welches bei Verkehrsunfällen gilt. Hier bleibt alles beim Alten. Der Abschied von den fiktiven Mangelbeseitigungskosten ergibt sich für das Werkvertragsrecht aus § 281 IV BGB, der die Naturalrestitution gem. § 249 BGB ausschließt. Im Deliktsrecht ist und bleibt § 249 BGB hingegen anwendbar und damit auch dessen Absatz 2 Satz 1, wonach bei der Beschädigung einer Sache der für deren Reparatur (= Naturalrestitution) „erforderliche“ Geldbetrag verlangt werden kann – ein klarer Hinweis darauf, dass die Reparatur nicht tatsächlich durchgeführt werden muss. Der Hinweis wird durch Satz 2 noch klarer: Wenn der in einer Reparaturrechnung enthaltene MWSt.-Betrag nur zu ersetzen ist, wenn er tatsächlich entrichtet wurde, dann setzt das die Möglichkeit voraus, die Reparaturkosten im Übrigen auch dann geltend zu machen, wenn sie gar nicht angefallen, also fiktiv sind ( Prof. Dr. Gerald Mäsch in JuS 2018,907).
Das LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 4.6.2019 - 6 O 7787/18) entschied, dass auch im Kaufrecht Schadensersatzansprüche (weiterhin) fiktiv beziffert werden können.
Auch der VII. Senat des BGH stellte klar, dass diese Grundsätze der notwendigen konkreten Abrechnung nicht auf andere Konstellationen übertragbar ist: "Eine Schadensbemessung nach fiktiven Mängelbeseitigungskosten wird durch die allgemeinen Vorschriften der §§ 280, 281BGB nicht für alle Vertragstypen vorgegeben" (BGH NJW 2021, 53).